Mercedes W111 Coupé und Cabriolet, ein Design-Klassiker
Mercedes W111 Coupé und Cabriolet: Der Termin für die Präsentation des Mercedes 220SE Coupé war mit Bedacht gewählt. Es war nicht wie üblich eine internationale Automobilausstellung, sondern die Eröffnung des erneuerten Daimler-Benz-Museums in Stuttgart-Untertürkheim am 24. Februar 1961 und die Feier zum 75-jährigen Bestehen des Unternehmens.
Erste Skizzen zur Form des neuen Wagens tauchten bereits 1957 auf, als das Design noch eng an das der Limousinen angelehnt war. Das war auch sinnvoll, denn der Wagen sollte Fahrgestell und Radstand mit der Mercedes W111 Limousine teilen.
Daimler-Benz musste weg von der teuren Kleinserienproduktion wie dem 300S und den Ponton-Coupés und -Cabrios, die mit den Limousinen wenig gemeinsam hatten. Außerdem sollte der Innenraum der neuen Wagen größer werden, um vier bis fünf Passagieren Platz zu bieten. Damit sollte das Verkaufspotenzial des Wagens erhöht werden.
Die zweitürigen W111 Fahrzeuge boten mehr Platz als ihre Ponton Vorgänger
Die Flossen der Mercedes W111 Limousine verschwinden
Im Laufe des Designprozesses wurden die viel diskutierten Flossen der W111-Limousine in akzeptablere Proportionen umgewandelt. Am Ende präsentierte Friedrich Geiger, der in Karl Wilferts Designabteilung für die Gestaltung des neuen Coupés und Cabriolets verantwortlich war, ein Coupé mit besonders klaren Linien.
Die zeitlosen, eleganten Linien wirken auch heute noch nicht veraltet
Mit seinen voll versenkbaren Seitenfenstern, dem Markenzeichen fast aller künftigen Stuttgarter Coupés, und der umlaufenden Front- und Heckscheibe war der Wagen ein Statement des exquisiten Geschmacks und blieb bis 1971 in Produktion. Unter der Karosserie wurden der Motor und das Fahrwerk der Limousinen übernommen, mit denen es den internen Code W111 teilte.
Motor und Hinterachse eines 220SE Cabrios
Der 300SEC erhält eine Luftfederung
Ursprünglich sollten das 300SE Coupé und sein offenes Pendant die 300SE W112 Limousine ergänzen und den 300Sc ersetzen. Da die Markteinführung des Dreiliter-Luxuswagens jedoch zwei Jahre nach der des Mercedes 220b erfolgte und das Ponton-Coupé und -Cabriolet bereits etwas veraltet aussahen, wurde 1958 beschlossen, das neue Design zu übernehmen und sowohl den 300Sc als auch die zweitürigen Ponton-Modelle durch ein einziges neues Design zu ersetzen.
Erste Studien zeigten das Coupé mit der Frontgestaltung des 300SL Roadsters. Aber da Vertrieb und Vorstand dieses Konzept ablehnten, wurde es später durch die traditionellere Front der Mercedes W111 220b Limousinen ersetzt.
Das Chassis musste wegen der säulenlosen Konstruktion des Coupés an den Seiten verstärkt werden. Limousine und Coupé waren etwa gleich lang, das Coupé war jedoch 5 cm breiter und 8,5 cm niedriger. Neben dem Fahrgestell und dem Motor waren die einzigen Teile, die mit der Limousine übereinstimmten, die Scheinwerfer und der Kühlergrill.
Die schick in Holz eingebetteten Instrumente ähnelten denen des 300SL Roadsters
Alles andere war neu.
- Die Türen waren lang und schwer
- Das Hardtop versprach Solidität und Stil
- Der Kofferraum war enorm groß
- Der Innenraum erschien geräumig
- Die Sitze waren dick gepolstert, breit und komfortabel
- Das Interieur des Wagens war eine Augenweide
Nicht nur die Sitze waren mit hochwertigem Roser-Leder bezogen, auch die Türverkleidungen, die Abdeckung des Armaturenbretts, die Hutablage und sogar die Innenseite des Handschuhfachs bestanden aus dem gleichen Material.
Auf Wunsch konnte auch eine Einzelsitzbestuhlung, sogenannte Sportsitze, bestellt werden
Die zeitlose Eleganz der zweitürigen Mercedes W111 wirkt auch heute noch
Das Coupé strahlte von Anfang an Klasse und Würde aus. Zum ersten Mal konnte man in einem Mercedes-Coupé bequem zu viert reisen. Allerdings nur, wenn die Vordersitze nicht ganz nach hinten geschoben wurden und die Fondpassagiere nicht zu groß waren. Aufgrund der Dachkonstruktion war die Kopffreiheit im Fond etwas eingeschränkt.
Von hinten wirkte das Mercedes W111 Coupé eleganter als die Limousine. Das lag vor allem an den etwas kleineren Stoßstangen und den weniger dominant wirkenden Rückleuchten.
Das Armaturenbrett, die Instrumententafel und die Lautsprecherabdeckung waren aus Holz. Wie beim Ponton-Coupé konnte man zwischen Nussbaum-, Makassar- oder Wurzelholzfurnier wählen. Die Anordnung der Instrumente unterschied sich von der Limousinenversion, sie wurde vom 300SL Roadster übernommen, mit Drehzahlmesser und Tachometer links und rechts und Nebeninstrumente für Öldruck, Kraftstoff und Wasser in der Mitte.
Als das 220SE Mercedes W111 Coupé auf den Markt kam, war es nur 100 DM teurer als das Ponton Coupé, das es ersetzte. Mit 23.500,- DM war es aber teurer als die 300SE Limousine mit ihrer Hightech-Ausstattung und dem stärkeren Motor. Exklusivität hatte eben ihren Preis.
Das Cabriolet wurde wenig später auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt im September 1961 vorgestellt. Im Gegensatz zum bisherigen Ponton Cabriolet kostete es 2.000 DM mehr als das Coupé.
Beide Fahrzeuge konnten mit dem neuen Automatikgetriebe ausgerüstet werden. Während das manuelle Schaltgetriebe jedoch mit Knüppelschaltung bestellt werden konnte, gab es für die Automatik in den ersten Jahren nur die Möglichkeit der Lenkradschaltung. Die Schaltanzeige für das Automatikgetriebe befand sich an der einzigen verbliebenen Stelle unter den Instrumenten. Damit war sie für den Fahrer kaum sichtbar, ohne dass er sich nach vorne beugen musste.
In normaler Sitzhaltung nur bedingt zu sehen, die Automatikanzeige
Neue Motoren halten das Modell bis 1971 aktuell
Der zweitürige 220SE Mercedes W111 bekam 1962 einen stärkeren und noch teureren Bruder. Es war der bereits erwähnte 300SEC mit Leichtmetallmotor und Luftfederung. Es folgten 1965 der 250SE und 1968 der 280SE als Zweitürer. Die Krönung der Baureihe war der V8 280SE 3.5, der 1969 auf den Markt kam und bis heute das begehrteste Modell der gesamten Baureihe ist.
Nach der Einführung des 350SL und später des 350SLC Mitte 1971 wurden das W111 Coupé und das Cabriolet aus dem Programm genommen. Trotz ihrer unbestreitbaren Schönheit waren sie in die Jahre gekommen, und vor allem der V8-Motor zeigte bei hohen Geschwindigkeiten die Grenzen des Fahrwerks auf. Nach einer zehnjährigen erfolgreichen Karriere war es an der Zeit, dass eine jüngere, andere Generation das Ruder übernahm.
Sowohl das Coupé als auch das Cabriolet wurden in der Tradition von Daimler-Benz entwickelt, eine besondere und elegante zweitürige Version der Sechszylinder-Limousinen anzubieten. Obwohl sie parallel zu den Limousinen produziert wurden, wurden viele Teile von Hand gefertigt. Dadurch kann man sagen, dass diese Autos die letzten halb-handgefertigten Fahrzeuge von Daimler-Benz waren, abgesehen natürlich vom 600er.
Sie boten eine Qualität, die von den Wettbewerbern und auch von den Nachfolgern nicht erreicht wurde. Die Tradition der Zweitürer wurde erst 1981 mit einer Coupé-Version des W126, dem C126, wieder aufgenommen.
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