Mercedes 300SEL

Mercedes W109 V8, der 1960er Luxuskreuzer

Mercedes W109 V8: Die W109 und kürzeren W108 Modelle waren Oberklasse-Fahrzeuge von Daimler-Benz und von September 1965 bis Herbst 1972 in Produktion. Die 300SEL mit Luftfederung bekamen die Bezeichnung W109, während die Modelle mit konventionellen Stahlfedern als W108 bezeichnet wurden. Die meisten der W108 Modelle hatten einen Sechs-Zylinder Motor. Aber in diesem Artikel geht es um die V8 Versionen.

Mercedes 300SEL

Spitzenmodell der Mercedes W109 V8 wurde im März 1968 der 300SEL 6.3 mit dem V8-Motor M100 und dem Automatikgetriebe des 600. Er entstand aus der Mischung von zwei Autos, die sich nicht sonderlich gut verkauften: der schon erwähnte 600 und der 300SEL. Damit war er das erste Modell unterhalb des 600, das mit einem V8 Motor ausgestattet wurde. Er entstand nicht durch sorgfältige Produktplanung, sondern wurde im Kopf eines Mitarbeiters von Rudolf Uhlenhaut geboren. Sein Name: Erich Waxenberger.

Mercedes W109 V8

E. Waxenberger Ende der 1960er und im Jahr 2009

Mercedes W109 V8,

Der 6.3 wird heimlich ausprobiert

Nach einem Treffen mit dem Chefredakteur von auto motor und sport war er dessen Spöttelei leid, dass „Waxl“, wie sein Spitzname war, in einem Unternehmen arbeiten würde, das ja nur Autos für Vorstände, reiche Bauern und vermögende Rentner herstellen würde. Nach vielen Versuchen mit ein paar Kollegen an Wochenenden oder nach Feierabend, erwischte ihn Uhlenhaut. Er fuhr eines Abends in einem mit dem 6.3-Liter Motor bestückten 250SE Coupé durch das Werkgelände. Natürlich war Uhlenhaut schnell Feuer und Flamme. Und nach vielen weiteren Überstunden konnte am Ende der 300SEL 6.3 dem Vorstand zur Genehmigung vorgestellt werden.

In rot sieht man den 6.3 eher selten

Der Motor war ohne größere Änderungen direkt vom 600er übernommen worden. Mit obenliegenden Nockenwellen, einer Nitrid-Kurbelwelle, sieben Hauptlagern und molybdänbeschichteten Kolbenringen war er sehr modern entwickelt und langlebig.

Für den 300SEL erhielt der Motor gehärtete Ventilfedern, da man davon ausging, dass der Mercedes W109 V8 etwas anders gefahren würde als der 600er. Auf diese Weise konnte er etwas höher gedreht werden, ohne die Haltbarkeit des Motors zu beeinträchtigen.

Mercedes W109 V8, Motor

Der Motor leistete 250 PS bei 4000/min und verfügte über ein maximales Drehmoment von (damals) ungeheuren 500 Nm bei 2800/min. Er beschleunigte von 0 auf 100 km/h in 7,5 Sekunden (schneller als ein Porsche 911S und ein Ferrari 330GTC) und erreichte eine Spitzengeschwindigkeit von 220 km/h.

Der Durchschnittsverbrauch wurde mit 21 l/100 km angegeben, aber die meisten Motorjournalisten konnten diesen Wert leicht auf 27 und sogar 30 l/100 km hochschrauben.

Als er auf dem Genfer Auto-Salon vorgestellt wurde, war er die absolute Sensation. Keiner hatte mit solch einem Auto von Daimler-Benz gerechnet. Von außen war der 6.3 nur an den breiteren Reifen, den H1-Halogen-Doppelscheinwerfern und den zusätzlichen Weitstrahlern oder Nebelscheinwerfern zu erkennen. Fuchs Leichtmetallfelgen gehörten aber nicht zum Serienumfang.

Das Fahrwerk entsprach dem früheren 300SEL-Standard mit Luftfederung und Bremsnickabstützung. Das bedeutete, dass vier Luftkammern mit Faltenbälgen die Stahlfedern ersetzten. Das Hydrauliksystem wurde mit einem Alkohol-Luft-Gemisch unter Druck gesetzt, das von einem motorgetriebenen Kompressor und einer Pumpe mit bis zu 228 PSI gespeist wurde.

Die Räder waren mit 6,5 x 14 Zoll etwa einen halben Zoll größer als beim W108. Sie waren zunächst mit kleinen 7,7 Zoll 195 VR14 Gürtelreifen bestückt, die später durch breitere 215-70 VR14 Gürtelreifen ersetzt wurden.

Die Innenausstattung umfasste fast alles, was bei Daimler-Benz damals gut und teuer war.

  • Velourspolsterung
  • Stereo Radio
  • elektr. Fenterheber vorne und hinten
  • Zentralverriegelung
  • getönte Scheiben
  • Drehzahlmesser
  • Automatikgetriebe
  • Servolenkung
  • Mittelarmlehne vorne
Mercedes W109 V8

Neben Velours war auch Leder eine Option. MB-Tex war nicht lieferbar und Stoffsitze gab es nur auf Sonderwunsch

Der Mercedes W109 V8 bekommt auch kleinere Motoren

Jeder, der Interesse an diesem Kraftpaket hat, kennt die magische Zahl 6526. So viele Exemplare wurden von ihm bis September 1972 verkauft.

Der 300SEL 6.3 füllte seine Nische perfekt aus. Er war nicht so groß wie der 600er und nicht so langsam wie der normale SEL. Für den europäischen Autofahrer, der sich mit Sechszylindermotoren zwischen 2,5 und 4 Litern (im Fall eines Jaguar) in seinen Limousinen abgefunden hatte, war der 6.3 eine Offenbarung. Wer ihn fuhr, betrat eine völlig andere Welt. Aber (das galt vor allem für die deutschen Besitzer), bitte beide Typenschilder vom Kofferraumdeckel entfernen, damit die Nachbarn nichts merken.

Mercedes W109 V8

In Deutschland wurde der 6.3 für 39.160 DM angeboten, was sicherlich kein Schnäppchen war. Vergleicht man diesen Preis jedoch mit Autos wie dem Maserati Quattroporte, dem Iso Rivolta oder sogar einem Bentley T (der in Deutschland das Doppelte kostete), so erscheint er angesichts des Komforts, der Zuverlässigkeit, der Qualität und der Leistung als durchaus faires Angebot.

Kopfstützen waren bei frühen Mercedes W109 V8 durchaus keine Selbstverständlichkeit

Pininfarina baute für einen Niederländer 1970 die Limousine zu einem Coupé um

Nachdem der 6.3 bewiesen hatte, dass 250 PS mit der Luftfederung des 300SEL zu bewältigen waren, lag die Einführung eines weiteren, diesmal kleineren V8-Motors nahe.

Mercedes W109 V8

Als Unternehmen mit einem hohen Exportanteil nach Nordamerika stand Daimler-Benz vor der Herausforderung, einen Motor zu entwickeln, der sowohl den Anforderungen des europäischen als auch des nordamerikanischen Marktes entsprach. Für Europa war es wichtig, einen Motor mit guter Leistung im mittleren Drehzahlbereich und solider Leistung im oberen Drehzahlbereich zu haben, der auch der hohen Beanspruchung durch Dauerbetrieb bei hohen Geschwindigkeiten gewachsen war. Gleichzeitig waren ein relativ niedriger Kraftstoffverbrauch und ein moderater Hubraum wegen der hohen Kraftstoffpreise und der hubraumabhängigen Steuern ebenso wichtig.

All dies spielte in Nordamerika keine Rolle, wo der Kraftstoff billig war und die meisten Staaten keine Geschwindigkeiten über 55 mph erlaubten. V8-Motoren mit großem Hubraum waren in so genannten Mittelklassewagen üblich, die größer waren als fast alles, was Europa Anfang der 1970er Jahre zu bieten hatte.

Um die Lücke zwischen dem 2,8-Liter- und dem 6,3-Liter-Motor zu schließen, wurde Ende 1969 ein 3,5-Liter-V8-Motor mit obenliegender Nockenwelle, Aluminium-Zylinderköpfen und der neuen Bosch-Einspritzanlage D-Jetronic eingeführt. Bei einer Verdichtung von 9,5:1 leistete der neue Motor 200 PS bei relativ hohen 5.800 U/min und hatte ein maximales Drehmoment von 286 Nm bei 4.000 U/min. Der Wagen beschleunigte in 10,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 205 km/h mit Automatikgetriebe und 210 km/h mit Schaltgetriebe.

Mercedes W109 V8

Der 4.5-Liter Motor wurde in Europa nicht angeboten

Zunächst ausschließlich für den nordamerikanischen Markt bestimmt, hatte man parallel zum 3,5-Liter-V8 Motor eine im Hubraum vergrößerte Variante mit 4,5 Liter entwickelt, die ab Mai 1971 u. a. im Exportmodell 300SEL 4.5 ausgeliefert wurde. Dies war notwendig, um den amerikanischen Abgasvorschriften und mit einer niedrigeren Verdichtung dem damals teils noch nieder-oktanigen Treibstoff in den USA zu genügen. Die Leistung der 4,5-Liter USA-Motoren lag mit 198 PS knapp auf dem Niveau der Europa-Motoren mit 3,5 Liter, hatten aber ein besseres Drehmoment.

Die beiden kleineren Motoren im Mercedes W109 V8 unterschieden sich äußerlich nicht voneinander

Einführung auch im W108

Anfangs war das Management dagegen, die V8 Motoren auch in den W108 Modellen einzuführen, man befürchtete, dass das Fahrwerk den stärkeren Motoren nicht gewachsen sei. Aber gerade die USA drängten darauf, diese Gelegenheit nicht zu verpassen, daher wurden beide Versionen ab Frühjahr 1971 im 280SE und SEL angeboten, die 3,5-Liter Version für Europa und die 4,5-Liter Version für Nordamerika.

Mercedes W109 V8 280SE

Alle drei V8-Motoren, die „kleineren“ 3,5 und 4,5 Liter Typen, ebenso wie der große M100 V8-Motor wurden dann auch im Nachfolgemodell W116 verwendet.

Falls Sie mehr über die Entwicklung und Geschichte der V8-Zylinder W108 und W109 Modelle lesen möchten, hier ist der Link zu meinem Buch. Neben einer Kaufberatung werden auch die Fahrgestellnummer und Datenkarte ausführlich erklärt. Dazu gibt es viele neue Farbfotos, die interessante Details dieser außergewöhnlichen Fahrzeuge zeigen, dazu gehören auch Bilder des Fahrwerks.

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