Mercedes R230 SL, tauchen Sie ein in das SL Vergnügen
Mercedes R230 SL: Das Marktsegment der Luxus-Roadster ist klein und wurde jahrzehntelang vom SL dominiert, der von Konkurrenten wie Jaguar XJS, BMW 8er oder Lexus SC430 nie ernsthaft bedroht wurde. Der R129 SL war sogar so dominant, dass er 12 Jahre lang ohne größere Modifikationen auskam. In dieser Zeit wurden weltweit rund 200.000 Fahrzeuge verkauft. Und es ist erstaunlich, dass viele Autojournalisten den 12 Jahre alten SL im Jahr 2001 immer noch für besser hielten als den nur 4 Jahre alten Jaguar XK8, seinen bis dahin stärksten Konkurrenten.
Innovatives Design
Vor diesem Hintergrund war der Mercedes R230 SL wie seine Vorgänger zweifellos eine Klasse für sich. Sein sexy Styling war für viele das Beste, was die Stuttgarter Designabteilung seit dem 300SL aus den 1950er Jahren hervorgebracht hatte. Das Team um den britischen Designer Steve Mattin hatte zweifellos ganze Arbeit geleistet. Das Grundprofil, die Proportionen, der charakteristische Kühlergrill und die seitlichen Luftöffnungen ähnelten denen des R129, aber alle Flächen und Ecken waren gründlich überarbeitet und wirkten glatter und geschmeidiger. Die Windschutzscheibe und die Heckscheibe waren stärker geneigt, um dem Wagen ein sportlicheres Aussehen zu verleihen. Durch die Beibehaltung einer niedrigen Schulterlinie wirkte der Wagen viel eleganter als beispielsweise ein Lexus SC430.
Die wichtigste konstruktive Änderung am Fahrzeug war die Einführung eines versenkbaren Hardtops im Stil des SLK. Der komplizierte Mechanismus benötigte nur 16 Sekunden, um das Aluminiumdach in den Kofferraum zu falten, etwa 9 Sekunden schneller als beim SLK. Außerdem wurde die Heckscheibe automatisch aus ihrem Metallrahmen gelöst, so dass der Mechanismus sie unabhängig lagern konnte. Die Wölbung des Daches half, das Kofferraumvolumen zu vergrößern, das bei geschlossenem Dach 265 Liter und bei geöffnetem Dach 290 Liter fasst.
Um Gewicht zu sparen, waren beim Mercedes R230 SL Motorhaube, Kofferraumdeckel, vordere Kotflügel und Türen aus Aluminium, die Türinnenschalen wie beim CL aus Magnesium. Die verbesserte Struktur und der verstärkte Einsatz von hochfestem Stahl führten gegenüber dem R129 zu einer um 20 % höheren Steifigkeit. Auch die Aerodynamik wurde verbessert – der Luftwiderstandsbeiwert konnte auf 0,29 und 0,34 bei offenem und geschlossenem Dach gesteigert werden. Zum Vergleich: Beim R129 lag er bei 0,32 bzw. 0,43.
Der V8 Motor
Das erste Modell war der SL500 mit 305 PS. Als Nachfolger des berühmten M119-Motors, den viele Kenner bis heute für einen der besten Achtzylinder halten, die Daimler-Benz je gebaut hat, handelt es sich um den gleichen Dreiventil-Zylinder-Motor M113 E50, der bereits in der R129– und W210-E-Klasse zum Einsatz kam. Technisch ähnelte er dem 1998 eingeführten V6-Motor M112.
Der SL500 Motor leistete 305 PS
Breite Türen erlaubten einen bequemen Einstieg
Das SBC des Mercedes R230 SL
Die Autozeitschriften lobten den SL500 für sein modernes Design und seine Leistung. Aber nicht alle Neuerungen fanden Anklang. Das amerikanische Automagazin “Road&Track” zum Beispiel zeigte sich bei einem Test im August 2003 wenig beeindruckt vom Mercedes R230 SL. Im Vergleich mit einem
- Porsche 911
- Cadillac XLR
- Jaguar XK8
- Lexus SC 430 und
- Maserati Spyder GT
landete er auf dem vierten Platz. Er konnte nur den Maserati und den deutlich günstigeren Lexus schlagen. Der Hauptgrund, warum “Road&Track” von dem Auto nicht allzu beeindruckt war, hatte nichts mit der Leistung oder dem Fahrverhalten zu tun. Das wurde sogar sehr gelobt. Es war das neue Bremssystem “SBC”, das ihnen nicht gefiel:
“Dies ist der erste Mercedes mit elektrohydraulischen Bremsen. Es handelt sich hierbei um ein System mit 8-Kolben-Bremssätteln vorne, die durch schnell ansprechende Ventile moduliert werden. Sie teilen jeder Ecke des Wagens mit, wie viel Bremskraft sie je nach Straßenbelag und Kurvenbedingungen benötigt. Bei Landstraßentempo sind die Bremsen kraftvoll und linear, aber bei niedrigen Geschwindigkeiten im Stadtverkehr werden sie nervtötend zupackend und sind schwer zu dosieren. An der Ampel fühlt man sich wie ein ungeschicktes Kind bei der Führerscheinprüfung. Nach und nach lernt man, den Druck auf das Pedal zu variieren, um sanft zu bremsen. Aber warum sollte man das tun müssen?
Keines unserer anderen Test-Autos kann das, und zwei von ihnen bremsen besser als der Mercedes. Ein weiteres Beispiel für das, was unser technischer Redakteur ‘Warum-Technologie’ nennen würde.“
Die Motorenpalette wird erweitert
Wem die Leistung des SL500 nicht ausreichte, der konnte sich für den AMG SL55 entscheiden, dessen aufgeladener M113 V8-Motor 476 PS leistete. Er beschleunigte in konkurrenzlosen 4,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h.
Der SL55 AMG hatte dunkel getönte hintere Blink- und Rückfahrleuchten sowie eine Vierrohr-Auspuffanlage
Eine weitere Neuheit des Jahres 2002 (lieferbar ab 2003) war der V6 SL350, der aus dem M112 der R129-Modelle SL280 und SL320 entwickelt wurde. Der Hubraum war auf 3,7 Liter vergrößert und leistete nun 245 PS. Im SL320 R129 kam er auf 224 PS. In der Tradition von Daimler-Benz hätte der V6 eigentlich SL370 heißen müssen. Aber er sollte wohl an den ersten V8-angetriebenen 350SL R107 erinnern.
Der M112 E37 wurde im ersten SL350 bis 2006 eingebaut
Der Mercedes R230 mit V12 Motor
Das Highlight war natürlich der neue SL600, der auf der Detroit Motor Show im Januar 2003 vorgestellt wurde. Erhältlich war er ab April. Sein 5,5 Liter Vollaluminium-V12-Motor (M275 E55 LA) war eher mit dem früheren M137 verwandt, der im R129 zum Einsatz kam, als mit dem M272 V8. Der größte Unterschied war aber neben dem kleineren Hubraum die Bi-Turbo-Anordnung. Das war eine absolute Premiere in einem Mercedes-Motor.
Der M275 leistete 500 PS und produzierte sein gewaltiges Drehmoment von 800 Nm schon bei fast unglaublichen 1.800 U/min. Mit seinen
- zwei Turboladern
- dem Luft-Wasser-Ladeluftkühler
- der Dreiventiltechnik pro Zylinder und
- der Wechselstrom-Doppelfunkenzündung
war er bei seiner Einführung eines der fortschrittlichsten Automobilaggregate der Welt. Erst der SL65 AMG übertraf ihn. Sein im Juni 2004 vorgestellter, doppelt aufgeladener V12-Motor (M275 E60) basiert auf dem M275 des SL600 und wurde von 5,5 l auf 6,0 l Hubraum bei 82,6 mm Bohrung und 93 mm Hub vergrößert. Der SL65 wartete mit einer Leistung von 612 PS und einem maximalen Drehmoment von 1000 Nm auf. Dieses war zwecks Getriebeschutz elektronisch begrenzt. Alle AMG-Modelle konnten optional mit einer auf 300 km/h (abgeregelt) erhöhten Höchstgeschwindigkeit bestellt werden. Der SL65 AMG konnte aber noch mehr. Bei einem Test von auto motor und sport erreichte er auf der Nardò-Rennstrecke ohne Begrenzung eine Höchstgeschwindigkeit von 338 km/h.
Mehr über den SL65, die anderen Modelle und alles über die Entwicklung und Geschichte des Mercedes R230, einschließlich einer Kaufberatung, den Sondermodellen und Tunern wie Brabus, Carlsson oder RENNtech aus den USA, kann man in meinem Buch über den R230 SL nachlesen. Ich bin sicher, es wird Ihnen gefallen.